Poly-Hochzeit- das sind die Möglichkeiten

von | Queer heiraten, Queeres Wissen & LGBTIQ+

Eine Hochzeit, das sind zwei Menschen, die sich lieben und zueinander Ja sagen. Oder?
Bloß: Was ist mit denen, die ihr Leben mit mehr als nur einem Menschen teilen? Was, wenn mehr als zwei Menschen zueinander Ja sagen möchten? Gibt es so etwas wie eine Poly-Hochzeit überhaupt?

Für Polyküle ist es nicht so einfach. Denn noch ist es geltendes Recht, dass nur zwei Personen offiziell miteinander verheiratet sein können. Welche Möglichkeiten Liebende in polyamoren Konstellationen haben, haben wir für euch zusammengefasst.

POLY – WAS IST DAS EIGENTLICH?

Polyamorie = Eine Liebesbeziehung zwischen mehr als zwei Menschen
Ein Polykül kann aus drei, vier oder mehr Personen mit gleichem oder unterschiedlichem Gender bestehen, bei der alle oder nur einige eine Beziehung miteinander führen.

Was hat das mit Hochzeit zu tun?

Im Moment können in Deutschland, Österreich und der Schweiz zivilrechtlich nur zwei Personen die Ehe eingehen. Punkt. Das bedeutet: Ein Polykül hat vor Recht und Gesetz zum jetzigen Zeitpunkt keine Chance, ihre Beziehung offiziell zu machen und sich abzusichern bei allem, was dazugehört. Deswegen bleiben ihnen nur zwei Möglichkeiten:

  1. Niemand heiratet und alle rechtlichen Belange werden per Vertrag, Testament und Vollmachten geregelt.
  2. Zwei Menschen heiraten und für die Übrigen wird versucht, über Verträge, Vollmachten, Testament eine Sicherheit zu schaffen.

Das alles ist eine ziemlich große bürokratische Baustelle, noch dazu haben polyamore Beziehungen in der Gesellschaft immer noch ein sehr großes Stigma.

Was in Österreich möglich ist, anders als in Deutschland und der Schweiz: Der Nachname kann recht unkompliziert geändert werden. So können Polyküle nach außen hin ihre Zusammengehörigkeit mit dem gleichen Namen zeigen.

Das Rechtliche – Was können Polyküle absichern?

Partnerschaftsvertrag

Anders als ein Ehevertrag, der meistens erst bei der Trennung relevant wird, kann ein Partnerschaftsvertrag viele Dinge regeln, die für das gemeinsame Leben wichtig ist:

  • Das gemeinsame Leben (Haushaltsführung, Vollmachten zum Mietvertrag & anderen Verträgen, die mit Haus/Wohnung zu tun haben)
  • Was passiert bei einer Trennung? (Hausrat, Gemeinschaftskonto, wer bleibt in der Wohnung, Haustiere…)
  • Elternschaft bei gemeinsamen Kindern (Verpflichtung, die Elternschaft anzuerkennen und Unterhalt zu zahlen)

Ein Partnerschaftsvertrag braucht keine bestimmte Form und muss auch nicht zwangsläufig notariell beglaubigt werden. Eine juristische Beratung macht aber natürlich Sinn, um auf Nummer sicher zu gehen.

Vollmachten

  • Auskunftsrechte gegenüber Krankenhäusern, Ärzt:innen, Behörden…
  • Handlungsvollmachten im Falle einer schweren Krankheit oder des Todes (Verträge, Konten…)

Testament

  • Erbfolge & Erbe
  • Wer darf die Wohnung und Verträge auflösen?
  • Wer darf sich um die Bestattung kümmern?

Patient:innen-Verfügung

Das gilt nicht nur für das Thema Poly-Hochzeit oder Polyküle, sondern grundsätzlich und generell für alle Menschen. Wir sind der Meinung, dass wir unseren Liebsten sehr viel Diskussion und Sorge in einer sowieso schon schrecklichen Situation ersparen, wenn wir selbst bestimmen, was im Falle einer fortschreitenden oder irreversiblen Erkrankung passieren soll.

Und was ist jetzt mit der Poly-Hochzeit?

Nach all dem trockenen, juristischen & vielleicht auch etwas düsteren Punkten gibts auch gute Nachrichten: Natürlich können polyamore Konstellationen und Polyküle auch heiraten und Hochzeit feiern.

Die Lösung: Eine freie Trauung!
Genau das soll es doch sein: Eine Zeremonie, in der ihre Liebe gefeiert wird, in der alle Liebenden zueinander Ja sagen können. Eine ganz normale Hochzeit, ohne „Ja, aber“.

Poly oder nicht, zwei oder viele – eine freie Trauung unterscheidet sich bei einer Poly-Hochzeit überhaupt nicht von einer Hochzeit mit einem Paar.

Die richtigen freien Redner:innen findest du übrigens in unserem Branchenbuch, bestimmt auch in deiner Nähe. Und wenn ihr euch den Segen von oben wünscht, können freie Theolog:innen genau die richtigen Profis für eure Trauung sein.

Drei Ringe in einem Ringkästchen aus Glas gefüllt mit Blumen für eine Poly-Hochzeit zu Dritt
Drei Ringe für drei Heiratende die sich lieben. Manchmal kann es doch so einfach sein, oder?

Die gute Nachricht: Ein Blick in die Zukunft

Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen, aber es scheint sich in der Politik etwas zu tun. In Deutschland hat die Ampel im Koalitionsvertrag angekündigt: „Wir werden das Institut der Verantwortungsgemeinschaft einführen und damit jenseits von Liebesbeziehungen oder der Ehe zwei oder mehr volljährigen Personen ermöglichen, rechtlich füreinander Verantwortung zu übernehmen.“

Das könnte schon bald den rechtlichen Rahmen auch für Polyküle schaffen.

Und auch in Österreich munkelt man, dass SPÖ und Grüne an Entwürfen zu entsprechenden Gesetzesvorschlägen arbeiten. In der Schweiz scheint es keine Ambitionen in diese Richtung zu geben.

Poly-Hochzeit- Der Weg ist noch lang

Momentan haben Polyküle nur Umwege zur Verfügung, um ihre Liebe auf rechtliche Beine zu stellen. Eine Trauzeremonie ist trotzdem möglich – mit einer freien Trauung.

Je mehr über das Thema gesprochen wird, je mehr die Dringlichkeit dahinter klar wird, desto eher werden auch polyamore Beziehungen endlich das Siegel „Eheleute“ tragen dürfen.

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