Es ist noch nicht so lange her, da konnte mit dem Begriff „Freie Trauung“ niemand wirklich etwas anfangen. Und auch heute denken immer noch viele Menschen, das wäre einfach eine Hochzeit unter freiem Himmel. Dabei ist sie mehr. So viel mehr – und gerade für queere Heiratende eine wundervolle Möglichkeit, ihre Liebe genau so zu zelebrieren und zu feiern, wie sie es sich wünschen.
Weil dieses Thema immer größer wird, gibt es bei uns hier das große Einmaleins der freien Trauung!
First things first – Was ist eine freie Trauung eigentlich?
Wer legal verheiratet sein möchte, muss zum Standesamt. Punkt, daran führt kein Weg vorbei. Nach diesem bürokratischen Akt, der oft genug gerade mal 15 Minuten dauert, sind zwei Menschen rechtmäßig verbundene Eheleute. Erst seit 2017 gilt das in Deutschland für ALLE Paare, unabhängig vom Geschlecht, seit 2019 in Österreich und seit 2021 auch in der Schweiz. Allerdings nach wie vor und immer noch nur für Paare und nicht für Polyküle – heiraten können bislang nur zwei Menschen.
Wem diese Art der Trauung nicht reicht, hat zwei Möglichkeiten: Eine kirchliche Trauung oder eben eine freie. Dass Kirche und LGBTIQ+ ein Thema für sich ist – darüber brauchen wir nicht viele Worte verlieren. To be fair: Die evangelische Kirche öffnet sich immer mehr für dieses Thema und seit Dezember 2023 dürfen theoretisch auch katholische Geistliche queere Paare segnen.
Aber zurück zum Thema: Lass uns darüber sprechen, dass eine freie Trauzeremonie alles kann, was ihr euch wünscht, wo ihr möchtet und wann ihr möchtet. Denn das „Frei“ im Namen ist wörtlich zu nehmen. Vom Ablauf über den Trauort bis zu der Musik – alles kann, nix muss. Naja gut, bis auf den großen Kuss. Den sollte es natürlich schon geben.
Wie kann das aussehen und ablaufen?
Ja, gut und schön, dass alles kann und nix muss und dass wir komplett frei sein können. Damit könnt ihr aber jetzt vermutlich auch wenig anfangen. Also gibt es hier einen groben Überblick drüber, wie das mit der freien Trauung ausschauen könnte.
Der Einzug
Gemeinsam, alle Liebenden einzeln oder mit der großen Entourage. Mit Livemusik oder vom Band. Total gefühlvoll, volle Kanne Party oder mit einem Augenzwinkern.
Die Traurede
In der taucht ihr und eure Gäste ein in eure Liebesgeschichte. Es geht um das, was euch ausmacht, was ihr aneinander liebt und was vielleicht nicht so sehr. Es geht um die großen Meilensteine, die kleinen Geschichten und die Herausforderungen, die ihr miteinander bewältigt habt. Dabei soll und darf gelacht und geweint werden, geklatscht und genickt.
Das Ja-Wort
Das ultimative Highlight eurer Trauung! Ihr sagt Ja zueinander. Wie auch immer das aussehen soll: Mit persönlichen Eheversprechen, mit Traufragen, auf die ihr mit Ja antwortet oder ganz anders. Dann könnt ihr die Ringe tauschen oder auch nicht. Aber vor allem wird an dieser Stelle lang und ausgiebig geküsst.
Die Traurituale
Das Schöne an einer freien Trauung: Wir können einfach alles machen! In Sachen Symbolik und Rituale, die eure Verbindung bekräftigen, sind keine Grenzen gesetzt. Vom traditionellen Handfasting bis zum gemischten Cocktail, von Zeitkapseln bis zu einer Leinwand – es geht wirklich alles. Das Wichtigste dabei: Die Rituale sollten genau zu euch passen!
Unser Tipp: Holt euch eine:n Redenprofi an die Seite. Denn Trauredner:innen werden euch bei der Ideenfindung und dem Konzept eurer Rituale bestmöglich unterstützen.
Die Gäste einbinden
Eure Herzensmenschen feiern diesen großen Tag mit euch, weil sie sich mit euch freuen und euch das Allerbeste wünschen. Genau das lässt sich auch in die Zeremonie einbinden. Gute Wünsche, gemeinsam etwas gestalten, den Eltern danken…. eure Liebsten können einen wichtigen und emotionalen Part übernehmen.
Der gemeinsame Auszug und die Party kann starten
Dazu braucht es ja nicht mehr viele Worte. Geht eurer Wege als frisch getraute Eheleute und feiert bis in den Morgen.
Wer kann uns trauen und wie finden wir jemanden, der zu uns passt?
Prinzipiell können alle Menschen eure Trauzeremonie leiten. Wir empfehlen euch definitiv und unbedingt, diese Aufgabe einem:r Profi zu überlassen. Gute Trauredner:innen begleiten euch von vorne bis hinten, gestalten mit euch den individuellen Ablauf der Trauung, geben euch Ideen und Impulse für einzigartige Rituale und schreiben eine Rede, die genauso unverwechselbar ist wie eure Geschichte.
Inzwischen ist die Auswahl an Trauredner:innen riesengroß. Das kann definitiv verunsichern! Diese Tipps können euch bei der Entscheidung helfen:
Grundsatzfragen, die ihr euch vorab stellen solltet
Wie ticken wir und wie soll unsere Trauung sein?
Eher humorvoll oder sehr romantisch? Spirituell, gläubig oder keins von beidem? Darf es kreativ und außergewöhnlich werden oder soll es eher allgemein und zurückhaltend sein?
Gibt es spezielle Wünsche an den:die Trauredner:in?
Mann oder Frau? Jünger oder älter? Theolog:in oder nicht? Dialekt oder Hochdeutsch?
Ein realistisches Budget
In einer persönlichen, individuellen Trauung stecken im Schnitt 30 Stunden Arbeit. Deswegen solltet ihr realistischerweise für die redende Person ein Budget von 1200-2000 € einplanen.
Checkt die Website und andere Kanäle
Schaut euch die Website der Redner:innen in Ruhe an. Spricht euch die Person auf den ersten Blick an? Sagen euch die Texte und das Wording zu? Es lohnt sich, auch den Insta-Kanal zu checken, dort gibts oft noch einen genaueren Blick in die Arbeitsweise. Wenn euer Bauchgefühl passt, dann nehmt Kontakt auf und vereinbart ein unverbindliches und kostenloses Kennenlerngespräch
Früh genug anfragen
Gute Redner:innen sind oft schon ein bis anderthalb Jahre im Vorraus gebucht. Deswegen solltet ihr diese:n Hochzeitsprofi sofort dann anfragen, wenn das Datum feststeht.
Hört auf euer Gefühl!
Niemand kommt euch so nah in der Hochzeitsvorbereitung wie der Mensch, der eure Trauung leitet. Deswegen ist ein persönliches und ausführliches Kennenlerngespräch so wichtig. Der wichtigste Faktor bei der Entscheidung: Die Sympathie! Die Chemie zwischen euch muss auf jeden Fall stimmen, denn diese Person wird ganz tief in eure Geschichte eintauchen, viele persönliche Fragen stellen und euch über eine lange Zeit begleiten. Darum hört auf euren Bauch, er ist in diesem Fall der beste Entscheidungshelfer.
Das Thema Rainbow-Washing
Wir hören immer wieder erschreckende Geschichten davon: Redner:innen, die queere Heiratende unbedingt in ihr Portfolio holen möchten, um „etwas Besonderes“ zeigen zu können. Da werden Rabatte angeboten, wenn Bilder veröffentlicht werden können und in Gesprächen dreht sich alles um das Queer-Sein statt um die Hochzeit. Sowas geht einfach gar nicht! Also haltet die Augen offen nach Formulierungen, die sich ungut anfühlen. Oder ihr geht auf Nummer sicher und entscheidet euch für Redenprofis aus unserem Branchenbuch. Sie tragen das Quee’re in Love-Siegel und empfangen euch mit offenen Armen.
Das Thema Glaube und Freie Trauung
Religion und LGBTIQ+ ist und bleibt ein Problem. Wie so oft ist die evangelische Kirche offener als die katholische. Hier sind kirchliche Trauungen für queere Paare in 17 von 20 Landeskirchen möglich. Katholische Paare können sich seit Dezember 23 zumindest segnen lassen – nach gewissen Regeln: Nicht im Rahmen eines Gottesdienst und explizit ist es nur eine Segnung, keine Eheschließung.
Wer jetzt denkt, Glaube und freie Traung – das passt nicht zusammen, der irrt sich komplett. Freie Theolog:innen schaffen es, diese beiden Themen zusammen zu bringen. Und sie ermöglichen es LGBTIQ+-Heiratenden, ihren Glauben auch bei ihrer Hochzeit zu leben. Vielleicht nicht in der Kirche, aber definitiv vor Gott.
Zum Schluss: 5 ganz praktische Tipps von einer Traurednerin
1. Plant für jedes Wetter
Wenn ihr eure Hochzeitslocation wählt und dort auch die freie Trauung feiern wollt, solltet ihr alle Wetterlagen im Hinterkopf haben. Einen Plan B für Regen, das versteht sich von selbst. Aber gerade für die Hochzeiten von Mai bis September solltet ihr auch die „Schön-Wetter-Variante“ auf Hitzetauglichkeit überprüfen. Gibt es natürlichen Schatten? Wenn nicht, gibt es Schirme, Sonnensegel, Pavillons… Denn eins könnt ihr mir glauben: Das schlechteste Wetter für eine Hochzeit ist nicht Regen und kalt. Rein kann man immer. Aber wenn es 35 Grad schwül-heiß ist, ist es überall unangenehm.
2. Die Sitzordnung
Wir alle kennen die Hochzeiten, bei denen die Heiratenden mit dem Rücken zu den Gästen sitzen. Ein guter Rat: Macht das nicht. So schließt ihr die Gäste von euch und euch von den Gästen aus. Stattdessen wählt eine Sitzordnung, bei der ihr schräg zu den Gästen sitzt. Dann entgehen euch nicht die heimlichen Tränchen vom Papa oder die strahlenden Augen der besten Freundin.
3. Traut euch, kreativ zu sein
Das Internet ist voll von Ideen für die freie Trauung, dabei sieht man eigentlich immer das Gleiche: Typische Standard-Rituale, Vorlagen für Eheversprechen oder die immer gleichen Lieder. Eure Liebe, eure Hochzeit, eure Trauung. Nutzt die Freiheit, die drinsteckt, und traut euch, die Zeremonie so zu gestalten, dass sie zu euch passt. Es gibt keine Regeln. Mit dem oder der richtigen Redner:in an der Seite wird es am Ende genauso besonders, wie eure Liebe es auch ist.
4. Smartphone-Verbot für die Trauung
Ein großes Ja zur unplugged Zeremonie! Lasst am Anfang ankündigen, dass die Handys für die Trauung in der Tasche bleiben sollen. Das hat zwei riesige Vorteile: Ihr schaut nicht permanent in irgendwelche Geräte, sondern in die Gesichter eurer Liebsten und sämtliche Hochzeitsfotograf:innen werden es euch danken! Am Ende habt ihr Bilder mit lachenden Gesichtern und nicht mit Handybildschirmen bei jedem großen Moment.
5. Macht euer Ding! Eure Hochzeit, euer Tag!
Der vielleicht wichtigste Tipp zum Schluss: Schaut auf euch und das, was ihr möchtet! Der Ablauf, die Musik, die Rede – all das soll zu euch passen. Hört auf, auf Andere zu schauen und zu hören. Eine freie Trauung ist genau das, was der Name verspricht: Frei! Also seid frei und fühlt euch auch so!